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„Beerster Wischen“, Natur erleben für Menschen mit Behinderungen“

Förderzeitraum: 2020-2023

Durch Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) Programmgebiet Übergangsregion (ÜR), der Klosterkammer Hannover und der niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung erhält die Naturschutzstiftung eine Anteilförderung für die inhaltliche Neuausrichtung und Erweiterung der barrierefreien Naturerlebnisanlage in den „Beerster Wischen“ im Landkreis Cuxhaven.

Schafe

„Sich der Natur Nahe zu fühlen, ist für viele Menschen wichtig. Menschen mit Beeinträchtigungen auf körperlicher und/oder geistiger ebene bzw. hinsichtlich der Sinneswahrnehmung machen da keine Ausnahme. Vermutlich wären mehr von ihnen unterwegs, wenn sie wüssten welche Naturerlebnisse in welcher Weise für sie zugänglich sind.“ (Barrierefreies Naturerleben planen, EUROPARC Deutschland e.V.,2016)


Anlass des Vorhabens

Die Naturschutzstiftung hat 2004 ein 2,99 ha großes Feuchtgrünland direkt neben der „Schule am Wiesendamm“ erworben. Die „Schule am Wiesendamm“ ist eine Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Als Kooperationsprojekt von Naturschutzstiftung, Schule und der Stadt Bad Bederkesa (inzwischen fusioniert zur Stadt Geestland) wurde 2006 auf dem Feuchtgrünland eine barrierefreien Naturerlebnisanlage eingerichtet.

Impressionen 6

Das Grundstück „Beerster Wischen“ ist ein abwechslungsreiches Areal aus Grünland mit Weidensäumen, Teich, Aussichtspunkt und Brachflächen. Dieser kleinräumige Wechsel sorgt für ein abwechslungsreiches Landschaftserleben. Das Grundstück ist öffentlich zugänglich und wird von Anwohnern, Spaziergängern und Touristen frequentiert. Die Hauptnutzung erfolgt jedoch durch die benachbarte Förderschule, die täglich mit mehreren Klassengruppen den Steg für Kurzspaziergänge und für Draußen-Unterricht nutzt.

Gemeinsam mit dem Beirat für Inklusion des Landkreises Cuxhaven wurde im Jahr 2017 der Vorsatz gefasst, die Naturerlebnisanlage zu erneuern und zu erweitern. Mit der der Neuplanung soll eine inhaltliche Neuausrichtung und Erweiterung des Projektes einhergehen.


Beschreibung  der geplanten Maßnahmen

Steg und Naturerlebnisstationen

„Kinder lieben es, wenn ihnen die Welt anschaulich und ohne Fremdwörter erklärt wird – das mögen auch viele Erwachsene, insbesondere jene mit Lernschwierigkeiten“ (BARRIEREFREIES NATURERLEBEN PLANEN, EUROPARC DEUTSCHLAND E.V.,2016).

  • Auf einer Länge von rund 300 m soll der geplante Steg durch die Niedermoorfläche verlaufen und die Besucher trockenen Fußes zu Tümpel und Teich, über eine Brücke, zu einem Aussichtshügel, durch Weidentunnel und zu den geplanten Erlebnisstationen führen.
  • Bei der neuen Anlage sollen die Erlebnisstationen so ausgerichtet sein, dass mehrere Personen am gleichen Ort tätig werden können (z.B. Schülergruppen). Die Erlebnisstationen machen die typischen Elemente des Niedermoores mit allen Sinnen erlebbar. Es sind sechs Stationen vorgesehen, z.B. Wasser heben und erleben, Balanceparcours, Torftreten und Torftisch, Stimmen der Natur.
  • Die neue Anlage soll für schwerbehinderte Menschen, insbesondere mit motorischen Einschränkungen (Rollstuhlfahrer/ Gehbehinderte), für Menschen die Rollator nutzen und Menschen mit Kinderwagen passierbar sein. Jedes Angebot soll für möglichst viele Menschen nutzbar sein und für jeden Menschen soll es möglichst viele Angebote geben.
  • Der Steg soll mit 1,80 m Fahrbreite eine Breite haben, die die Nutzung durch Kleingruppen und die Begegnung mit Rollstuhlfahrern komfortabel macht. Der Steg hat auf ganzer Länge ein Geländer. Für Menschen mit Sehbehinderungen wird der Steg beidseitig durch einen Leitbalken (gleichzeitig Radabweiser für Rollstuhlfahrer) begrenzt.
  • Für Menschen mit Sehbehinderungen soll über Inhalte, die mit anderen Sinnen wahrgenommen werden können, in z.B in Brailleschrift oder über technische Wege (Vorlesefunktion) informiert werden. Zu Erlebnisstationen und Informations¬schildern mit Blindeninformationen werden Menschen mit Sehbehinderungen durch ein Leitelement im Boden (z.B. Gitter) hingewiesen.
  • Auf allen Informationstafeln sollen die wesentlichen Inhalte nach den Regeln der Leichten Sprache dargestellt werden. Die Informationstafeln werden in einer Weise aufgestellt, dass sie für Rollstuhlfahrer bequem lesbar sind

Bohlen

Tierhaltung und tiergestützte Pädagogik

Die Verbundenheit mit der Natur und die Nähe zu Tieren ist für Menschen ein Grundbedürfnis. Kindern fühlen sich oft unmittelbar mit Tieren verbunden. Tiergestützte Pädagogik nutzt diese positive und einmalige Wirkung von Tieren auf Kinder. Durch den Umgang mit Tieren wird Kindern in einmaliger und indirekter Weise die Möglichkeit eröffnet Kompetenzen in unterschiedlichen Entwicklungsbereichen zu entwickeln und zu stärken.

  • Tierhaltung sollte ein zentraler Baustein des neuen Konzeptes werden. Ein im Nachbarort Steinau ansässiger Schäfer konnte für eine Zusammenarbeit gewonnen werden, hält seit 2019 Schafe auf der Fläche und arbeitet in individueller Absprache mit der Schule zusammen.
  • Der geplante Steg führt die Besucher mittig durch die Schafweide, die Tiere können bis direkt an den Steg herantreten. Um den Schafen in der kalten Jahreszeit einen Unterstand zu bieten und den Besuchern einen noch engeren Kontakt zu den Tieren zu ermöglichen, soll auf dem Gelände ein barrierefrei zugänglicher Schafstall errichtet werden.
  • In enger Absprache mit dem Schäfer wurde ein Stall entwickelt, der sowohl den Bedürfnissen der Schafe wie auch denen der Besucher gerecht wird. Der Spaziergänger kann von einem vorgelagerten und überdachten Podest in den Stall hineinsehen und den Schafen beim Fressen und Schlafen zusehen. Die Lehrkräfte können mit Schülergruppen den Futtergang betreten und die Schafe füttern und anfassen. Der Futtergang ist barrierefrei und rollstuhlgerecht. Die Schafe selbst sind durch Raufe und Trog von den Schülern getrennt. Futter wird in Absprache mit dem Schäfer in einem kleinen Vorratsraum aufbewahrt. Der Schäfer selbst muss zum Füttern nicht anwesend sein. Wenn der Schäfer vor Ort ist, können die Schüler unter Aufsicht durch eine weitere Tür zu den Schafen in den Stall gehen und bei der Pflege unterstützen. Angedacht sind u.a. Hilfe bei der Stallreinigung, sowie die Mitwirkung bei der Klauenpflege und beim Scheren.
  • Für die Beweidung soll das gesamte Gelände an seiner Außengrenze mit einer wolfs-abweisenden Zäunung eingefriedet werden. Durch die vorhandenen Weidengebüsche an den Grundstücksgrenzen wird der Zaun in der Landschaft wenig wahrnehmbar sein.

Maßnahmen des Naturschutzes

Das Grundstück „Beerster Wischen“ ist ein abwechslungsreiches Areal aus Grünland mit Weidensäumen, Teich, Aussichtspunkt und Brachflächen. Dieser kleinräumige Wechsel sorgt für ein abwechslungsreiches Landschaftserleben.

  • In Zusammenarbeit mit der Schule ist es geplant, das Grünland mit typischen blühenden Feuchtwiesenarten (z. B. Blutweiderich, Sumpf-Hornklee) anzureichern. Dieses kann durch gemeinsame Sammlung von Saatgut an benachbarten Grabenböschungen oder durch Ansaat mit Regiosaatgut erfolgen.
  • Der kleine Tümpel soll aufgeweitet werden. Der Tümpel ist ein wichtiger Lebensraum für Libellen und Amphibien, die hier gut vom Steg aus beobachtet werden können.
  • Der bekannteste und wohl beliebteste Vogel des Feuchtgrünlandes ist der Weißstorch. Im Rahmen der Maßnahme soll ein Storchenbaum als Nistangebot für den Weißstorch errichtet werden. Die allgemeine Situation des Weißstorches im Landkreis Cuxhaven lässt hoffen, dass der Storch bald von dem Angebot Gebrauch macht und hier eine Familie gründet.
  • Am Schafstall sollen Nisthilfen für Rauchschwalben und Mehlschwalben angebracht werden. Schwalben auf Insektenjagd über den Teichen bieten ein beliebtes Beobachtungsmotiv.

Beteiligte Akteure

In der Arbeitsgruppe „Beerster Wischen“ wirken folgende Akteure mit:

  • Mitglieder des Beirates für Inklusion des Landkreises Cuxhaven (u.a. Lebenshilfe Cuxhaven e.V., Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V., …)
  • Stadt Geestland (Inklusionsbeauftragte)
  • Lehrkräfte der Schule am Wiesendamm
  • Aktion Hummelschutz
  • Landwirt (Schäfer) als Pächter

Inklusionsrat


Konzeptionelle und organisatorische Ausgestaltung

Die Projektsteuerung während Planung und Bau erfolgt durch die Naturschutzstiftung des Landkreises Cuxhaven. Ebenso liegt die Steuerung der Beteiligungsprozesse im Verantwortungsbereich der Naturschutzstiftung. Für die einwandfreie Durchführung der technischen Planung, Ausschreibung und Vergabe sowie die technische Bauaufsicht wurde ein Planungsbüro beauftragt.

Soweit möglich, soll die Holzwerkstatt der Lebenshilfe Cuxhaven e.V. in die Bauausführung einbezogen werden. Für Stegbau und Bau des Stalls ist dieses nicht möglich, da die Mitarbeiter nur in der Werkstatt arbeiten können und nicht im Außendienst tätig werden. Rinnensysteme für die Erlebnisstation Wasser, Holzarbeiten für die Informationstafeln und andere individuelle Holzarbeiten sollen in den Holzwerkstätten der Lebenshilfe e.V. gefertigt werden.

Nach Fertigstellung ist die Schule der Ansprechpartner vor Ort. Der Schäfer ist für die Schafhaltung und landwirtschaftliche Pflege der Nutzflächen verantwortlich. Lehrkräfte und Schäfer arbeiten offen und in individueller Absprache miteinander. Die bauliche Unterhaltung der Naturerlebnisanlage obliegt der Naturschutzstiftung.

Die Einbindung der Anlage in das bestehende touristische Angebot erfolgt im Verantwortungsbereich der Stadt Geestland.

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